Coaching boomt. Jeder zweite Manager hat sich in den vergangenen fünf Jahren coachen lassen. Die Menschen lassen sich heute in allen Lebenslagen und Lebensfragen begleiten und beraten, angefangen bei der Gesundheit und der Ernährung, bis hin
zur Partnerschaft und ihrem Sex, beim Image und in Stilfragen, bei Kapital und Kompetenz. Und natürlich bei der Karriere. Ob in Team- oder Einzelcoachings: Überall geht es darum, besser zu werden, Schwächen zu erkennen, sie auszubügeln, Stärken zu
stärken, noch mehr aus sich heraus zu holen. Selbstoptimierung heißt das im Fachjargon...
Was ist Coaching
Dahinter steckt häufig der Druck nicht zu genügen und zu wenig Leistung zu erbringen
Instinktiv spüren alle: Die Wirtschaft und allgemein das Arbeitsleben, beschleunigt sich immer schneller, Laufbahnen werden komplexer, die Leute wechseln öfter den Job. Nicht immer passiert das freiwillig.
Gleichzeitig wächst der Druck. Die sogenannte Halbwertzeit des eigenen Könnens und Wissens nimmt kontinuierlich ab. Für viele stellt das eine veritable Bedrohung dar, die sie zu mehr Initiative und Eigenverantwortung nötigt: Wer sich nicht um seine
Karriere kümmert, wer nicht Schritt hält, der kann scheitern und ist daran am Ende auch irgendwie selber schuld.
Das Tragische daran: Beseelt vom ständigen Bedürfnis ein besserer Mensch zu werden, bleiben wir zugleich behaftet als Menschen in permanenter Not - halbwertig, mangelhaft.
Sind Sie schon bereit für einen Coach?
Sie denken über ein Coaching nach? Dann fragen Sie sich auch, ob Sie zu den folgenden Punkten nicken, beziehungsweise zustimmen können:
Sind sie bereit, sich zu ändern? Wer glaubt, schon ziemlich perfekt zu sein, sucht eher Bestätigung. Coaching aber führt Sie in der Regel aus Ihrer Komfortzone heraus, stellt sie vor neue Herausforderungen und zwingt sie, mehr
Verantwortung für Ihr Leben zu übernehmen.
Freuen Sie sich auf neue Perspektiven? Ein guter Coach, wird Ihnen dabei helfen, Horizonte zu erweitern, neue Ziele zu entdecken und zu setzen. Damit daraus ein Erfolg wird, sollten Sie nicht nur Veränderungswille mitbringen, sondern
echten Abenteuerwillen. Die Lust und Neugier darauf, Neues zu lernen. Das ist etwas anderes als: "Na gut, dann probier ich das halt mal..."
Sind Sie bereit, die Wahrheit zu hören? Vor allem dann, wenn es weh tut? Ein guter Coach wird Ihnen den Spiegel vorhalten, womöglich auch Kritik üben. Zwar immer konstruktiv, aber wirken kann das nur, wenn Sie nicht sofort in die
Defensive gehen, zuhören und das Gehörte ehrlich reflektieren.
Sie offen gegenüber sich selbst? Der Punkt ist mit den ersten beiden verwandt, geht aber einen Schritt weiter: Er bedeutet, dass Sie sich wirklich auf Ihr neues Bild von sich einlassen, sich dafür engagieren. Aber auch ein komplettes und
ehrliches Bild Ihrer aktuellen Situation akzeptieren.
Sind Sie aufmerksam gegenüber anderen? Ein umfassendes Coaching beinhaltet auch Ihre Wirkung auf andere, den Abgleich von Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung. Auch dazu benötigt der Coachee Offenheit und
Reflexionsvermögen. Andernfalls bleibt das Coaching inhaltlich eher schmalspurig.
Ein Coach für alle Fälle: Was ist Coaching?
Wer indes zum Coach geht, der tut etwas dagegen, der dokumentiert: Ich unternehme etwas, und ich bin bereit, dafür entsprechende Mittel zu investieren!
Falls der Arbeitgeber den Coach bezahlt, heißt das oft sogar nichts weniger als: Das bist du uns wert, denn wir sehen nicht nur deine Fehler, sondern vor allem dein Potenzial.
Entsprechend hat sich das Image des Gecoachtwerdens gewandelt: Wer sich einen persönlichen Ratgeber leistet, der gilt nicht mehr als ein Jemand mit Macken, sondern als Macher mit Möglichkeiten.
Zudem ist Coaching bequem:
Der Coachee bekommt einen privaten Schutzraum, in dem er ohne großes Karriererisiko an sich arbeiten kann.
Der Coach verdient gutes Geld, indem er den Mächtigen souffliert und dabei selbst ein wenig Macht inhaliert.
Die Personalmanager wiederum delegieren müßige Personalentwicklungsarbeit und haben obendrein das gute Gefühl, etwas für die Motivation der Mitarbeiter getan zu haben.
So gesehen: eine perfekte Win-Win-Situation, jedenfalls auf den ersten Blick.
Mit intimen Geständnissen auf der Couch hat Coaching jedoch herzlich wenig zu tun. Der Coach ist eher eine Art Trainer (im Sport heißt er bezeichnenderweise ja auch "Coach"), der seinem Gegenüber, dem Coachee, dabei hilft, das Beste aus sich
herauszuholen - wenn es sein muss, auch schonungslos ehrlich.
Allerdings kann der Coach dabei nur vorhandene Begabungen wecken, Impulse geben, auf Verbesserungen in der Praxis hinarbeiten. Aus einem verschlossenen Eigenbrötler eine Rampensau machen, kann er nicht. Er trainiert auch nicht neue
Fähigkeiten ein oder prüft diese ab. Ebenso wenig kann er die Arbeit eines Psychotherapeuten ersetzen. Kindheitstraumata, Angstzustände, Depressionen, Sucht oder die Behandlung eines Burnouts sind nicht sein Einsatzgebiet und sollte ihm ohne
entsprechende Ausbildung auch nicht überlassen werden.
Ein sinnvolles Coaching entwickelt sich vielmehr zu einem Dialog auf Augenhöhe, bei dem der Coach, fragt, nachhakt und genau hinhört. Er gibt weniger eigene Lösungs-Ratschläge vor, sondern lässt sie seinen Coachee selber finden. Kurzum: Es geht
darum, herauszufinden, was der Coachee wirklich will.
Ohne diese 3 Persönlichkeitsmerkmale funktioniert kein Coaching
Beweglichkeit. Wer nur hören will, dass er Vieles richtig macht, braucht keinen Coach, sondern Fans. Wer dagegen um seine Imperfektionen weiß und diese verändern will sowie bereit ist, bisherige Komfortzonen zu verlassen, kann aus dem
Coaching das Maximum herausholen.
Kritikfähigkeit. Hand aufs Herz: Können Sie die Wahrheit ertragen? Und zwar ohne gleich in die Defensive zu gehen und sich zu rechtfertigen? Denn darauf kommt es an, wenn Sie dazu lernen wollen. Wer nicht will, findet Gründe - wer will,
findet konstruktive Wege.
Achtsamkeit. Das heißt nicht nur, sich selbst gegenüber ehrlich zu sein und eigene Verhaltensmuster reflektiert wahrzunehmen. Achtsamkeit umfasst auch die Bereitschaft, ständig neue Perspektiven einzunehmen, um aus diesen
Unterschieden zu lernen und daran zu wachsen. Denn alles Leben ist Stückwerk.
Interview Neckermann-Reisen mit Mark B. Deuringer, Paartherapeut, Heilpraktiker für Psychotherapie und Coach
Abfahrt zum Flughafen
Endlich ist der Tag gekommen. Der Urlaub steht an. Nur wartet der Flieger eben nicht - und schon wird Stress- zu Streitpotential. Nämlich dann, wenn ein Partner gern in Richtung Flughafen aufbrechen möchte, um nicht in Verzug zu
geraten, der andere sich dagegen Zeit lässt. Letzte Feinjustierungen am Gepäck. Hier hat er noch etwas vergessen, dort muss er noch etwas prüfen. Ein lautes Wort. Zwei. Drei. Streit…
Der Expertenrat:
“Treten Sie ruhig und bestimmt auf. Mahnen Sie kurz, dass es jetzt wirklich Zeit ist, zum Flughafen zu fahren. Lassen Sie beim Packen lieber etwas weg, als den Flug zu verpassen und ganz auf den Urlaub zu verzichten. Idealerweise
planen Sie alles und stimmen sich im Vorfeld ab. So kommt es meist gar nicht zu einem solchen Szenario.”
Ungewohnte Zweisamkeit
Die Arbeit. Der Nachwuchs. Dazu Freunde, vielleicht der Sport - im Alltag bleibt Paaren bei all den Aufgaben und Terminen nicht viel Zeit für intensive Kommunikation. Im Urlaub sieht das im Idealfall ganz anders aus. Endlich Zeit
füreinander. Von morgens bis abends. Verbringen wir plötzlich 24 Stunden miteinander, steigt aber auch das Konfliktpotenzial. Plötzlich ärgern uns Dinge, die uns vorher gar nicht aufgefallen sind oder die uns vorher - sprich: weniger
geballt - überhaupt nicht gestört haben (z.B. Unordnung, Haare im Waschbecken, Schlürfen beim Trinken etc.). Und jetzt?
Der Expertenrat:
“Den Partner pausenlos um sich zu haben, mag Ihnen wie eine Herausforderung erscheinen. Sehen Sie die Zeit vielmehr als Chance, sich intensiver miteinander zu befassen als sonst. So sind Sie ganz beim Partner und dessen
Bedürfnissen. “Gut miteinander umgehen“ lautet das Motto - aber natürlich nicht nur im Urlaub. Denn eine gute Beziehung braucht Kommunikation. Üben Sie sie deshalb bereits zu Hause. Tauschen Sie sich regelmäßig aus und
erklären Sie einander, was Ihnen jeweils wichtig ist. Das lässt sich auf den Urlaub übertragen.”
Unterschiedliche Vorstellungen
Der eine will, der andere will. Nur wollen beide nicht dasselbe. Hier Sport, dort Entspannung. Hier Kultur, dort Shopping. Unterschiedliche Vorstellungen sind normal, führen aber gerade im Urlaub schnell zu Konflikten, wenn keine
Einigung in Sicht ist.
Der Expertenrat:
“Oft wird der Anspruch auf Erholung ganz unterschiedlich definiert. Dann geht es um gegenseitige Rücksichtnahme. Darum ist es wichtig, idealerweise schon im Vorfeld zu erkennen, was der jeweils andere für einen gelungenen Urlaub
benötigt, um gemeinsam einen gelungenen Urlaub zu verleben. Stimmen Sie die Urlaubsplanung deshalb auf die Bedürfnissen beider ab. Sind die Vorstellung zu unterschiedlich, kann man für einen Urlaub auf den einen und beim
nächsten auf den anderen eingehen. Möchte beispielsweise einer Tennis spielen, der andere ans Meer, besteht zudem die Möglichkeit, dass sich ein Partner vor Ort einen Tennispartner sucht, während der andere baden geht. Sprechen
Sie derlei Pläne aber vor dem Urlaub ab.
Der Urlaub verläuft nicht, wie vorgestellt
Natürlich haben Sie vor dem Urlaub ein Traumszenario vor Augen. Hotel, Essen, Gespräche, Urlaubsort, die Menschen und der Strand - alles soll, alles wird perfekt sein. Hin und wieder entfernt sich die Realität dann allerdings doch von
der Idealvorstellung. Auch im Urlaub. Beispielsweise stellt sich das Restaurant am Strand oder in der Innenstadt doch nicht als authentische Urlaubserfahrung mit einheimischen Spezialitäten heraus. Das schafft Ärger - der sich mitunter
am Partner entlädt.
Der Expertenrat:
“Bewahren Sie zunächst klaren Kopf und suchen Sie die Schuld keinesfalls beim Partner. Unternehmen Sie stattdessen gemeinsam beispielsweise einen kurzen Ausflug an einen schönen Ort der Umgebung und machen Sie das
Beste aus der Situation. Grundsätzlich gilt ohnehin: je höher die Erwartungen, desto schwerer sind sie zu erfüllen. Höchste Erwartungen können in der Realität meist nur enttäuscht werden. Den Partner allein für die Enttäuschung
eigener Erwartungen verantwortlich zu machen, führt zu noch mehr Stress.”
Zu hohe Erwartungen an den Partner
Vielleicht haben Sie den Urlaub als Chance wahrgenommen. Als Chance, wieder intensiver, tiefgründiger mit dem Partner zu sprechen. Am Urlaubsziel angekommen, bleiben intensive Unterhaltungen dann aber weitestgehend aus. Der
Partner möchte entspannen, lesen, baden, Sport treiben, Schlaf nachholen. Dabei hatten Sie mit mehr Nähe gerechnet.
Der Expertenrat:
“Im Vergleich zum Alltag vereinfacht der Urlaub das Führen intensiver Gespräche oder das Finden von Nähe nicht. Definieren Sie deshalb Im Vorfeld klar, was beide im Urlaub voneinander erwarten. Denn Gespräche, die im Alltag nie
geübt wurden und stattgefunden haben, gehen im Urlaub nicht plötzlich leicht von der Hand. Klären Sie vorher ab, dass Sie den Urlaub für intensive Unterhaltungen nutzen möchten, schenken Sie sich und Ihrem Partner die
Möglichkeit, sich langsam - auch zuhause - an diese Art der Kommunikation zu gewöhnen.”
Einer ist nicht bereit für den Urlaub
Gerade erst ist die Bürotür ins Schloss gefallen, da geht es bereits in den Zug Richtung Flughafen und von dort direkt in den Urlaub. Mit im Gepäck: die Arbeit. Der Stress. Vorort reizt ständig der Blick in die Arbeitsmails, der schnelle
Anruf im Büro. Abschalten funktioniert nur bedingt - und Partner und die Familie reagieren irgendwann (zurecht) mehr als genervt.
Der Expertenrat:
“Gönnen Sie sich vor dem Urlaub zunächst einen zusätzlichen Tag zu Hause. Ist die Arbeit dennoch auch im Urlaub stets präsent, ist das das größte Gift für den Urlaub. Nur der komplette Abstand von Emails und Projekten hilft, voll
zu regenerieren, sich zu erholen und danach wieder komplett belastbar zu sein. Interveniert die Arbeit ständig mit dem Urlaub, stellt das Paare vor eine nahezu unlösbare Aufgabe - selbst wenn nur einer von beiden betroffen ist. Zumal
auch die Leistungsfähigkeit im Job unter zu wenigen Auszeiten leidet. Deshalb sollte der Betroffene seinem Partner und seiner Gesundheit zuliebe mit seinem Vorgesetzten sprechen und Klarheit schaffen.”
Interview: “Vermeiden Sie Grundsatzdiskussion”
Mark B. Deuringer leitet seine eigene Praxis für Paartherapie, Paarberatung, Psychotherapie und Life Coaching in München <http://www.psychotherapie-mbd.de/>. Neckermann Reisen erklärt der Paartherapeut Mark Deuringer, wie
Paare den Übergang vom Alltag in den Urlaub streitfrei meistern, wie gemeinsames Planen Streit vermeidet und wie Sie Konflikte im Urlaub beenden.
Inwiefern unterscheidet sich der Urlaub in Sachen Streit vom Alltag?
Der Alltag erschwert die Beziehung. Beide Partner arbeiten, haben Stress. Oft bleibt kaum Zeit für Gespräche und den für die Beziehung wichtigen Informationsaustausch: “Wie ticke ich und was brauche ich von dir? Wie tickst du und
was brauchst du von mir?“ Man balanciert durch den Alltag. Kommt dann der Urlaub, fallen die ablenkenden Faktoren wie Arbeit oder Haushalt weg. Plötzlich bemerkt man den mangelnden Abgleich zwischen den eigenen Bedürfnissen
und denen des Partners, der eigentlich täglich stattfinden soll. Im Alltag mangelt es an Übung, sich abzustimmen, aufeinander ein- und zuzugehen. Das überträgt sich auf den Urlaub.
Welche Situationen sollten Paare im Urlaub unbedingt vermeiden, um Streit zu vermeiden?
Vermeiden Sie Pauschalisierungen, vor allem Grundsatzdiskussionen über vermeintlich fehlerhafte Persönlichkeitsmerkmale (z.B. “du warst schon immer rücksichtslos”). So können Sie nichts klären. Die Abwertungen sind so massiv,
dass es schwierig wird, den Urlaub trotzdem gut zu verleben. Ist die Sensibilität zwischen Paaren weniger ausgeprägt, kann man schon im Vorfeld ein Zeichen (Hand heben, etc.) vereinbaren, bei dem der andere sofort merkt, dass er
jetzt nicht weitermachen soll.
Oft genügen im Urlaub Kleinigkeiten für einen großen Streit. Woran liegt das?
Streitigkeiten, die sich an Kleinigkeiten entzünden, sind meist auf ein mangelndes und nicht rechtzeitiges Aufarbeiten von bereits schwelenden, aber noch nicht ausgesprochenen Konflikten zurückzuführen. Sie haben nicht zwingend
unmittelbar mit dem Streitthema zu tun, sind nur Auslöser (Trigger) eines tieferen Problems, das im Alltag bisher nicht oder nicht ausreichend thematisiert wurde.
Was kann man tun, wenn man bemerkt, dass Ärger auf den Partner hochkommt?
Bleiben Sie vor allem ruhig. Schließlich wollen Sie sich erholen. Gelingt es, vermitteln Sie dem Partner dennoch klar, dass Sie gerade verletzt wurden. Abstrakter ist das Thema bei wiederholten Handlungsweisen des Partners, die man
als rücksichtslos empfindet oder die einem auf die Nerven gehen. Hier braucht es eine kurze, aber klare Aussage darüber, was stört oder verletzt. Kann die Problematik im Urlaub nicht geklärt werden, können Sie bis Urlaubsende einen
sogenannten “Friedensvertrag“ schließen. Wichtig ist aber, dass Sie zu Hause weiter an der Problematik arbeiten, um den oder die Konflikte zu lösen.
Was kann man tun, wenn man bemerkt, dass im Partner Ärger hochkommt?
Allein das Erkennen von sich aus geht in die richtige Richtung. Denn Liebe hat auch mit dem “Hinfühlen zum Partner“ zu tun: sich dessen zu besinnen und “hinspüren“, wie sich der andere gerade fühlt, ist eine wichtige
“Liebeskomponente“. Die Frage zu stellen: “Habe ich Dich eben verletzt?“, oder “bin ich jetzt zu weit gegangen?“, wird eher eine Klärung und Beruhigung einleiten, als darüber hinweg zu sehen.
Was können Paare tun, um den Streit schnellstmöglich zu beenden?
Sind die Parameter der Streitkultur unterschiedlich, ist es gerade für denjenigen mit der “lachseren“ Streitkultur schwieriger. Meist geht es dann um das “Recht haben“ und in der weiteren Eskalation um das “Recht bekommen“ (d.h. ich
habe möglicherweise nicht Recht, will aber Recht bekommen). Nur müssen immer beide Partner zur Beendigung beitragen. Wenn das vereinbarte Zeichen oder der Hinweis, das Problem zu Hause zu klären, nicht fruchtet, der Streit
weiter eskaliert, muss einer mittels des “Eskalationsprozedur“ (EP) aussteigen: Dabei sage ich dem Partner, er soll mich nicht weiter verletzen, mir Vorwürfe machen, etc. Es fruchtet nicht. Also teile ich dem Partner mit, dass ich den
Raum verlassen werde, wenn er/sie nicht aufhört. Es fruchtet immer noch nicht. Nun muss ich konsequent sein und den Raum verlassen. Distanz ist zwar keine Lösung für den Konflikt, die Unterbrechung des Streits aber erst einmal
notwendig, um überhaupt einen Anfang für einen Lösungsansatz zu finden.
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Interview: "Vermeiden Sie Grundsatzdiskussionen"
Mark B. Deuringer leitet in der Einsteinstr. 104 in München seine eigene Praxis für Paartherapie, Paarberatung, Psychotherapie und Life Coaching. Neckermann Reisen erklärt der Paartherapeut, wie Paare den Übergang vom Alltag in
den Urlaub streitfrei meistern, wie gemeinsames Planen Streit vermeidet und wie Sie Konflikte im Urlaub beenden.
Inwiefern unterscheidet sich der Urlaub in Sachen Streit vom Alltag?
Der Alltag erschwert die Beziehung. Beide Partner arbeiten, haben Stress. Oft bleibt kaum Zeit für Gespräche und den für die Beziehung wichtigen Informationsaustausch: "Wie ticke ich und was brauche ich von dir? Wie tickst du und
was brauchst du von mir?". Man balanciert durch den Alltag. Kommt dann der Urlaub, fallen die ablenkenden Faktoren wie Arbeit oder Haushalt weg. Plötzlich bemerkt man den mangelnden Abgleich zwischen den eigenen Bedürfnissen
und denen des Partners, der eigentlich täglich stattfinden soll. Im Alltag mangelt es an Übung, sich abzustimmen, aufeinander ein- und zuzugehen. Das überträgt sich auf den Urlaub.
Welche Situationen sollten Paare im Urlaub unbedingt vermeiden, um Streit zu umgehen?
Vermeiden Sie Pauschalisierungen, vor allem Grundsatzdiskussionen über vermeintlich fehlerhafte Persönlichkeitsmerkmale (z. B. "du warst schon immer rücksichtslos!"). So können Sie nichts klären. Die Abwertungen sind so massiv,
dass es schwierig wird, den Urlaub trotzdem gut zu verleben. Ist die Sensibilität zwischen Paaren weniger ausgeprägt, kann man schon im Vorfeld ein Zeichen (Hand heben, etc.) vereinbaren, bei dem der andere sofort merkt, dass er
jetzt nicht weitermachen soll.
Oft genügen im Urlaub Kleinigkeiten für einen großen Streit. Woran liegt das?
Streitigkeiten, die sich an Kleinigkeiten entzünden, sind meist auf ein mangelndes und nicht rechtzeitiges Aufarbeiten von bereits schwelenden, aber noch nicht ausgesprochenen Konflikten zurückzuführen. Sie haben nicht zwingend
unmittelbar mit dem Streitthema zu tun, sind nur Auslöser (Trigger) eines tieferen Problems, das im Alltag bisher nicht oder nicht ausreichend thematisiert wurde.
Was kann man tun, wenn man merkt, dass Ärger im Partner hoch kommt?
Bleiben Sie vor allem ruhig. Schließlich wollen Sie sich erholen. Gelingt es, vermitteln Sie dem Partner dennoch klar, dass Sie gerade verletzt wurden. Abstrakter ist das Thema bei wiederholten Handlungsweisen des Partners, die man
als rücksichtslos empfindet oder die einem auf die Nerven gehen. Hier braucht es eine kurze, aber klare Aussage darüber, was stört oder verletzt. Kann die Problematik im Urlaub nicht geklärt werden, können Sie bis Urlaubsende einen
sogenannten "Friedensvertrag" schließen. Wichtig ist aber, dass Sie zuhause weiter an der Problematik arbeiten, um den oder die Konflikte zu lösen.
Was kann man tun, wenn man bemerkt, dass im Partner Ängste hoch kommen?
Allein das Erkennen von sich aus geht in die richtige Richtung. Denn Liebe hat auch mit dem "Hinfühlen zum Partner" zu tun: Sich dessen zu besinnen und "hinzuspüren", wie sich der andere gerade fühlt, ist eine wichtige
"Liebeskomponente". Die Frage zu stellen: "Habe ich Dich eben verletzt?", oder "Bin ich jetzt zu weit gegangen?", wird eher eine Klärung und Beruhigung einleiten, als darüber hinweg zu sehen.
Was können Paare tun, um den Streit schnellstmöglich zu beenden?
Sind die Parameter der Streitkultur unterschiedlich, ist es gerade für denjenigen mit der "laxeren" Streitkultur schwieriger. Meist geht es dann um das "Recht haben" und in der weiteren Eskalation um das "Recht bekommen" (d. h. ich
habe möglicherweise nicht Recht, will aber Recht bekommen). Nur müssen immer beide Partner zur Beendigung beitragen. Wenn das vereinbarte Zeichen oder der Hinweis, das Problem zuhause zu klären, nicht fruchtet, der Streit
weiter eskaliert, muss einer mittels der "Eskalationsprozedur" (EP) aussteigen: Dabei sage ich dem Partner, er soll mich nicht weiter verletzen, mir Vorwürfe machen, etc. Es fruchtet nicht. Also teile ich dem Partner mit, dass ich den
Raum verlassen werde, wenn er/sie nicht aufhört. Es fruchtet immer noch nicht. Nun muss ich konsequent sein und den Raum verlassen. Distanz ist zwar keine Lösung für den Konflikt, die Unterbrechung des Streits aber erst einmal
notwendig, um überhaupt einen Anfang für einen Lösungsansatz zu finden.